Land der Morgenstille
"Reise durch das Land der Morgenstille"
las ich auf dem Titelblatt der deutschen Zeitschrift.
Sie lag auf dem Tisch des deutschen Ehepaares im Gartenrestaurant
in Madrid. "Land der Morgenstille" dieser
Name rief mich geradezu. Der Morgen, seit jeher meine
liebste Tageszeit und die Stille die ich gerade suche.
Die Entscheidung faellt augenblicklich ohne zu wissen
um welches Land es sich eigentlich handelt aber es
ist das "Land der Morgenstille" und das
genuegt. Nun stehe ich also da wie der Esel am Berg.
Der Entschluss hierher zu reisen habe ich ja ultrakurzfristig
getroffen und so sind irgendwelche Reisevorbereitungen,
was mich im Ankunftsland erwartet praktisch inexistent.
Schon bei den ersten Schritten am Ankunftsort klingeln
bei mir die Erkenntnissglocken: "Das wird nicht
einfach" und sehe mir die verschiedenen Hinweistafeln
welche mit irgendwelchen asiatischen Schriftzeichen,
das heisst also fuer mich absolut unleserlich, beschriftet
sind. Ein wenig beruhigt entdecke ich bei einigen
darunter in kleinen Buchstaben die englische Uebersetzung.
Und wo die Uebersetzung nicht ist, faehrt mir gerade
durch den Kopf, was mache ich dann da? Nun gut, diese
Frage muss ich mir dann spaeter versuchen zu beantworten.
Am Gepaeckband finde ich problemlos meine Tasche in
und um welche auch gleichzeitig der demontierte Anhaenger
verpackt ist. Das Fahrrad ist jedoch nirgends zu sehen.
Nach vergeblichem Suchen wende ich mich schliesslich
hilfesuchend an einen jungen Mann, der so aussieht
als haette er etwas mit der Gepaeckabfertigung zu
tun. Leider versteht er kein Englisch und ich bekanntermassen
noch weniger Koreanisch. Wir blicken uns beide etwas
hilflos an, er zuckt mit den Achseln und mir kommt
in diesem Moment, lieber Marco sei Dank, das mir von
meinem Sohn ebenfalls durch meine Brueder nach Portugal
mitgebrachte Zeichenbuechlein in den Sinn, welches
immer noch in Rucksack auf seinen ersten Einsatz wartet.
Jetzt hat es die beste Gelegenheit sich zu bewaeren.
Und tatsaechlich, mit den Zeichnungen aus dem "Ohne-Woerter-Buch"
und Zuhilfenahme von Haenden und Fuessen gelingt es
mir, mich beim Gegenueber verstaendlich zu machen.
Nach mehreren gefuehrten Gespraechen mit Funkgeraet
und Handy und einige Male Zeichensprache: "ich
muesse mich noch etwas gedulden" steht mein liebes
Bike dann endlich da und mir faellt gleichzeitig ein
Felsbrocken vom Herzen. Nun kann es ja losgehen.
Draussen regnet es in stroemen und ich plaziere mich
mit Bike und Gepaeck unter dem Vordach des Flugplatzgebaeudes.
Unter interessiertem Blick einiger Flugplatzgaeste
sowie mehrmaligem Kontrollgang durch die Polizei,
wobei sie jedesmal so tut, als kaemen sie rein zuefaellig
vorbei, setze ich den Anhaenger zusammen, belade ihn
mit meinem Gepaeck und fahre die ersten Meter Fahrrad
im Land der Morgenstille von der ich ehrlich gesagt
bisher noch nicht viel mitbekommen habe, aber hier
ist es ja nicht wie in Europa Morgen sondern eben
7 Std spaeter, das heisst bereits nach Mittag. Mit
Erleichterung nehme ich war, dass die Strassenschilder
ebenfalls eine englische Uebersetzung haben und so
folge ich den Hinweistafeln Richtung dem 40 Km vom
Flughafen entfernt liegenden Seoul. Ein mir aus den
USA bekanntes Hinweisschild veranlasst mich anzuhalten.
Ist das nicht die Bezeichnung fuer einen HigWay, das
heisst Schnellstrasse und somit fuer Fahrraeder verboten.
Ich fahre zurueck und suche nach der Verzweigung,
wo ich die falsche Strasse erwischt habe, finde sie
jedoch nicht. Nach mehrmaligem hin und her kehre ich
zum Flughafen zurueck und besorge mir bei der Flughafeninformation
einen Stadtplan, Gott sei Dank, mit englischer Uebersetzung.
Nun ist alles klar. Es gibt gar keine andere Strasse
als den Higway welche mich von dem auf einer Insel
liegenden Flughafen bringen koennte. Und was ist denn
mit den Fahrraedern, denke ich fuer mich und fahre
los. Noch 26 Km bis Seoul lese ich, waehrend ich ganz
artig so rechts auf dem Pannenstreifen der Schnellstrasse
fahre wie es mir nur moeglich ist. Das kurze, aber
praegnantes aufheulen einer Sirene laesst mich zusammenzucken.
Mir ist augenblicklich klar, wo die Quelle dieses
markdurchdringenden Geraeusches zu finden ist. Ein
Blick zurueck bestaetigt meine Vermutung. Hinter mir
faehrt meinem Tempo angepasst ein Streifenwagen. Ich
halte an und setze die "keine Ahnung was nicht
gut sein soll" Unschuldsmiene auf. Die beiden
Beamten, von der momentanen Regenpause profitierend
steigen aus und legen auch gleich los. Vieles Reden,
nichts Verstehen, Haende schwingen, Achsel zucken.
Was nun? Auf der Fahrbahn brausen die Autos und Lastwagen
mit hohem Tempo laut zischend und eine Wasserfontaene
hinter sich herziehend an uns vorbei. Mich stoert
es dank Regenanzug ueberhaupt nicht, die beiden Polizisten
dafuer umso mehr, denn sie werden nass und naesser.
Kurzum steigt der eine in den Streifenwagen, setzt
sich ans Funkgeraet und bald darauf haelt ein Wagen
des Strassenunterhaltsdienstes vor uns auf dem Pannenstreifen.
Ich verabschiede mich mit einer hoeflichen Verbeugung
(habe ich am Flughafen gesehen) bei den beiden Beamten
waehrend die Leute vom Unterhaltsdienst Bike und Anhaenger
aufladen um mich auf dem Festland an einer Nebenstrasse
abzusetzen. Freundliches Laecheln, kleine Verbeugung,
Daumen in die Hoehe und weg sind sie. Und jetzt? Ich
fahre bis zur naechsten Strassenkreuzung und lese
die Strassenschilder, das heisst, haette sie gerne
lesen wollen, aber Bahnhof. Nun gut, denke ich, tun
wir also so als waehren wir im Dschungel und nehme
den Kompass zuhilfe. Hoffentlich ist bei den koreanischen
Karten Norden auch oben. Allgemeine Richtung Suedosten
und los. Schon bald merke ich, das Fahrrad hat hier
nichts zu melden. Also immer schoen ganz nahe am Rand
fahren und versuchen, den schlimmsten Schlagloechern
auszuweichen. Ab und zu umfahre ich eine Strassenkueche
wo allerlei mir zumeist unbekannte Speisen und Getraenke
angeboten werden. Ungewoehnte Gerueche umspielen meine
Nase waehrend ich endlich ein Strassenschild mit englischer
Schrift entdecke. Hinweis auf eine .......BR.
BR koennte fuer Bridge stehen, kombiniere ich und
tatsaechlich finde ich die bezeichnete Bruecke ganz
am Rand des Stadtplan, obwohl ich doch seit mehr als
einer Stunde unterwegs bin. Sehr gut, da muss ich
hin, denn gemaess Plan fuehrt der Fluss nahe am Stadtzentrum
vorbei. Der Spass hat aber ein schnelles Ende denn
die Strasse die ich gerade befahre geht unverhofft
wieder in einen Highway ueber. Diesmal lasse ich es
lieber und suche mir einen neuen Wegweiser. Einige
Male halte ich an um einen Passanten um Auskunft zu
bitten. Die meisten winken schon ab bevor ich meine
Bitte ueberhaupt aeussern kann. Einige sehen auf meinen
Stadtplan und waehrend ich zusehe wie sie mit ihrem
Finger orientierungslos auf der ganzen Karte herumfahren
weiss ich Bescheid, so komme ich nicht weiter. Abwechslungsweise
versuche ich mein Glueck bei Aelteren, bei Gutgekleideten,
bei Autofahreren, Lastwagenchauffeure, jungen Leuten
und Studenten, hoffend, dass sie in der Schule einen
Englischunterricht besuchen. Fehlanzeige auf der ganzen
Linie. Nach dem x-ten Male gebe ich auf. Natuerlich
gibt es sie, die englischsprechenden Koreaner. Vielleicht
sind es sogar deren viele, nur habe ich sie meist
nicht dort angetroffen, wo ich gerade eine Information
gebraucht haette. Vielleicht, als "normal"
reisender Tourist, vom Flughafen mit dem Transferbus
zum Hotel und von dort mit dem Ausflugsbus zur Sehenswuerdigkeit
waeren sie mir begegntet. Ich habe aber bewusst eine
andere Reiseart gewaelt und fahre meistens durch laendliche
Gebiete auf wenig befahrenen Nebenstrassen und wenn
ich da an einer Kreuzung nicht mehr weiter weiss,
treffe ich hier hoechstens einen Reisbauer auf dem
Weg zu seinem Feld oder ein Lastwagenchauffeur der
freundlicherweise anhaelt um zu sehen ob er mir helfen
kann (jetzt habe ich etwas vorausgegriffen, das kommt
ja erst spaeter).
Endlich, der Tag neigt sich langsam seinem Ende entgegen
und es daemmert bereits, lande ich schliesslich am
Ufer des "Han Gang River". In seinem beeindruckend
breite Flussbett mit dem traege dahinfliessendan braunen
Wasser spiegeln sich bereits die ersten eingeschalteten
bunten Lichtreklamen dieser Riesenstadt. Seoul, eine
der groessten Staedte der Welt in welcher, die Vororte
mit eingerechnet ueber 20 Mio Menschen leben und arbeiten.
Die gesammte Bevoelkerung Suedkoreas umfasst insgesammt
46 Mio, das heisst, dass sich ueber 40% davon in dieser
Megametropole aufhalten. Am Ufer entdecke ich einen
gut ausgebauten und fuer Autos waehrend groesseren
Strecken gesperrten Rad- und Gehweg dem ich nun problem-
und gefahrlos folgen kann. Die Daemmerung schreitet
schnell voran und mir wird sofort klar: "Du musst
dich nach einem Schlafplatz umsehen wenn du nicht
auf der Strasse uebernachten willst". Das draussen
Uebernachten waere uebrigens ueberhaupt kein Problem,
wenn das Ungeziefer, vor allem die Stechmuecken nicht
waeren. Die fressen Dich aber (etwas ueberspitzt gesagt)
bei lebendigem Leibe auf wenn Du keine Moeglichkeit
hast, Dich dagegen zu schuetzen und ich hatte schon
lange keine Knoblauchteigwaren mehr gegessen. Also
besser doch irgendwo Schutz suchen. Trotz intensivem
beobachten der Reklameschilder an den Hausfassaden
und Daecher habe ich keines mit Hotel oder Herberge
in Zusammenhang bringen koennen. Also vergessen wir
das vorerst einmal. Dafuer taucht links vor mir auf
einer kleinen Anhoehe ein beleuchtetes Kreuz auf einem
Hausdach auf.
Im letzten Tageslicht, es ist 19.15 Uhr, zeigt mir
ein freundlicher Pastor, wo ich auf dem Kirchengelaende
mein Zelt aufschlagen darf. Kurz darauf schlafe ich
auch schon tief und fest. Zum Essen bin ich zu muede,
das verschieben wir auf Morgen. Mit einem Male bin
ich hellwach. Die Anzeige meiner Uhr zeigt mir 00.30
also hab eins Uhr in der Nacht. Was hat mich denn
geweckt, frage ich mich. Ist es vielleicht der durch
die hohe Luftfeuchtigkeit unangenehm feucht gewordene
Schlafsack, etwas, woran ich mich bis heute nicht
habe gewoehnen koennen oder die ungewohnte Zeitverschiebung.
Trotz mehrmaligem drehen und wenden, der Schlaf ist
weg. Also die ebenfalls feuchten Kleider anziehen
und raus. Kocher auspacken und erst mal einen warmen
Kaffe. In "weiser" Voraussicht habe ich
zum Glueck etwas Brennsprit ueber die Grenze "geschmuggelt".
Die Kaffetasse in der Hand und auf einem Steinblock
sitzend hoehre ich den ungewohnten Nachtgeraeuschen
dieser mir noch so komplett fremden Umgebung zu. Zuerst
lausche ich einem Ton der sich wie das surren eines
Elektorelais anhoert. Ein anderes toent eher wie ein
kleiner Ventilator, dessen Fluegel am Gehaeuse touchieren
und ein naechstes wie eine Trillerpfeiffe, der gerade
die Luft auszugehen droht. Hundertfach zirpt, quitscht,
quackt, trillert und pfeifft es um mich herum waeherd
ich meine Augen ueber das farbige Lichtermeer und
meine Gedanken durch das All nach Hause schweifen
lasse. Ein lauwarmer Wind zuepfelt angenehm an meinem
Veloleibchen und schenkt mir fuer kurze Zeit die Illusion,
bald trockene Kleider am Koerper zu haben. Vergeblich,
die Luftfeuchtigkeit ist einfach zu hoch. Zum Glueck
hat der Regen aufgeoert und einige Stunden spaeter,
es ist noch nicht 05.00 Uhr wird es bereits wieder
hell. Zeit, zusammenzupacken und meine Reise fortzusetzen.
Kurz darauf bin ich wieder am Uferweg und steuere
mein Fahrrad dem Stadtzentrum zu. Dabei entdecke ich,
dass die Koreaner Fruehaufsteher, Bewegungsliebend
und leidenschaftliche Fischer sind denn das ganze
Ufer hat sich mittlerweilen mit Menschen aller altersstufen
bevoelkert. Es wird gefischt, geturnt, gejoggt, geradelt,
gewalkt oder auch ganz einfach spaziert. Ich sehe
auch einige Paerchen welche am Ufer gerade ein Fruehstueckspicknick
einnehmen. Es sieht fast so aus wie bei uns an der
Aare an einem sonnigen Sonntagsnachmittag nur ist
es hier eben halb sechs Uhr Morgens und bewoelkt.
Ich beschliesse mich an den Bruecken, die viel leichter
auf dem Stadtplan auszumachen sind als den Strassen
zu orientieren. Nach etwa 90 Minuten Fahrt taucht
dann Eine vor mir auf und um nicht am Ziel vorbeizufahren
beschliesse ich den Fluss zu verlassen um eine Standortbestimmung
vorzunehmen. Problemlos finde ich hier das Schild
mit dem Namen und suche denselben auf dem Stadtplan.
Nun wird mir das Ausmass dieser Stadt erst richtig
bewusst, denn ich befinde mich bei weitem noch nicht
in der Naehe sondern im Gegenteil noch sehr weit vom
eigentlichen Ziel entfernt. Trotzdem schaffe ich es
irgendwann im Verlaufe des Vormittags das Zentrum
zu erreichen und lande, dem Zufall sei Dank, direkt
vor dem Hauptbahnhof wo sich eine Touristeninformation
befindet, wie ich aus einer Aufschrift an der Fassade
entnehmen kann. Dank ihrer Hilfe habe ich dann auch
bald eine Moteladresse welches ich nach einigem intensiven
Suchen auch finde. Der Wirt spricht gluecklicherweise
sogar einige Brocken englisch und so komme ich fuers
erste ganz gut zurecht. Leider stelle ich im Zimmer
fest, dass mein Natel hier in Korea nicht zu funktionieren
scheint und somit die Verbindung mit Zuhause von nun
an schwieriger als bisher sein wird. Die naechsten
Tage regnet es weiter was mich ganz und gar nicht
zu meiner Velotour durch das Land der Morgenstille
animiert. So nuetze ich die Zeit nebst dem Besuch
einiger der vielen Sehenswuerdigkeiten von Seoul mit
dem Suchen nach einer Telefonkarte (wie heisst Telefonkarte
auf koreanisch und wo erhalte ich sie) mit dem Ausfindig
machen einer Moeglichkeit, einige Emails zu schreiben
resp. ev. auch zu lesen aber (wie sieht das Schriftzeichen
fuer Internet aus und nennen die Koreaner Internet
auch Internet oder wie sonst und Wen Frage ich, wenn
praktisch niemand auf der Strasse auch nur einige
Woerter englisch spricht.
So spaziere oder schlendere ich in gewohnter Weise
durch Gassen und zwischen Marktstaenden hindurch waehrend
ich beobachte, hoehre und rieche. Farbig, lebendig
und geruchsintensiv. Asiatischer Alltag und ich mittendrin.
Mit der Zeit finde ich dann auch die Telefonkarte,
das Internet und benuetze die Metro. Ich finde das
Kaffeepulver, die Milch und nach ganz langem Suchen
auch den Brennsprit fuer meinen Kocher. Alles in Butter
oder wenigstens fast. Eines Abend sagt mir der Wirt,
das Wetter werde ab Morgen besser. Von der Stadt eigentlich
Genug und das Radfahren vermissend entschliesse ich
mich sofort, am naechsten Morgen abzureisen. Um 05.00
Uhr gehts los. Als erstes suche ich die Strasse welche
Richtung Han River fuehrt. Dieser folge ich dann waehrend
laengerer Zeit und befinde mich ploetzlich in einem
Tunnel. HighWay, faehrt mir durch den Kopf. Irgendwie
habe ich das Schild verpasst oder es war keines da.
Wie dem auch sei, ich bin nun in der Roehre, ohne
Pannenstreifen und es gibt kein Zurueck. Ich druecke
mich so nahe an die Mauer wie ich kann und bin so
froh wie nie, dass der Anhaenger nicht breiter ist
als mein Fahrradlenker. Die Fahrzeuge die sich mir
von hinten naehern machen einen Laerm wie ein Flugzeug
beim Start und verursachen mir fast einen Gehoerschaden.
Keine Ahnung, warum es in den Tunnels hier so unheimlich
droehnt, ob es an der Konstruktion oder dem Betonbelag
liegt, ich weiss es nicht. Die Nackenhaare gestellt
und ein ganz mieses Gefuehl im Magen radle ich was
meine Beine hergeben dem Ausgang entgegen. Einige
Lastwagen lassen beim vorbeifahren noch ihre Kompressorhoerner
ertoenen und ich verlasse den Tunnel auf der anderen
Seite mit einem Kopf, als befinde sich ein Wespennest
darin. Endlich befinde ich mich wieder auf dem sicheren
Uferweg dem ich dann bis zur Stadtgrenze folgen kann.
Dabei lege ich vom Stadtzentrum, wo sich meine Unterkunft
befindet an gerechnet ganze 54 Km zurueck (dies nur
um sich ein Bild ueber die groesse dieser Stadt vorstellen
zu koennen).
Mein Ziel, den Seoraksan Nationalpark, mit 373 Km2
der zweitgroesste und gleichzeitig noerdlichste Suedkoreas.
Waehrend der Fahrt dorthin folge ich mehrmals verschiedenen
Flussufern und mache dabei eine beruhigende Feststellung.
Sehr oft entdecke ich Sportfischer, die gleich bei
Ihrem Angelplatz ihr Zelt aufgestellt haben und vermute,
dass sie wohl an Ort und Stelle uebernachten um bei
Tagesanbruch gleich angelbereit zu sein. So wird auch
mein Zelt am Ufer bestimmt nicht auffallen und ich
kann so problemlos campieren. Die erste Nacht verbringe
ich dann auch unbeheligt auf einer Flussinsel in der
Naehe der Stadt Chuncheon und erlebe hier in einer
sehr schoenen Flusslandschaft zum ersten Male das
"Land der Morgenstille". Der Seoraksan Nationalpark
dann beschert mir eine Naturkulisse, wie ich sie bisher
nur aus Film oder Fotos , hauptsaechlich von Japan
her kenne. Mit sattgruenen Waeldern dicht bewachsene
Huegel an steil ansteigenden Haengen, knorrigstaemmige
Bergkiefer mit ihren flachen, weitausladenden Aesten,
die sich mit ihren starken Wurzeln in den wenigen
vorhandenen Felsritzen ihren Halt suchen. Riesige,
eifoermige und steil aufragende Felsbloecke mit ihrer
glatten, fast wie geschliffenen Oberflaeche die aussehen,
als waeren sie von Riesenhaenden in Urzeiten einfach
aufeinandergestellt worden. Und in totaler Abgeschiedenheit
die Gebaeude eines buddhistischen Klosters mit ihren
eigenartig geschwungenen Daechern, der kunstvoll geschnitzten
Balken, dem farbig bemalenen Holzwerk der Waende und
Decken, den goldenen Buddhastatuen, den Lampions,
Gebetsfahnen und Girlanden, den Raeucherstaebchen
und dem Ton der vom Moench betaetigten Gebetstrommel.
Ich bin ganz tief bewegt und eine Gaensehaut ueberzieht
meinen Koerper. Ich halte inne. Sandra, siehst Du,
ganz ungeplant stehen wir nun da wo Du immer hingehen
wolltest, in ein Kloster nach Asien. Siehst Du es
Sandra, nun erfuellt sich Dein Wunsch, auch wenn Du
Dir nun alles durch meine Augen ansehen musst.
Und Euch allen Zuhause, einen lieben Gruss aus dem
"Land der Morgenstille",
herzlichst, Curi
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